„Ich möchte nicht 100 werden“
Das waren Christiane Voigts Worte vor acht Jahren, kurz vor ihrem Umzug ins Wohnstift Rüppurr. Das hat Christiane nun geschafft! Ausgerechnet am internationalen Frauentag am 8. März 2024 hat sie diese Erde verlassen – im Juli wäre sie 100 Jahre alt geworden.
Seit 1977 kannte ich Christiane persönlich. Ich hatte meinen ersten großen Auftritt - einen Liederabend im Asamsaal Ettlingen - und Christiane hat sehr wohlwollend rezensiert.
Die Dame mit dem Trenchcoat, dem etwas schütterem Haar und der Baskenmütze war mir in Konzerten vorher schon aufgefallen. Nachdem ich 1987 zur ersten Vorsitzende der GEDOK gewählt wurde, wandelte sich die Bekanntschaft zu einer Freundschaft.
Christiane war seit 1951 Mitglied und hatte das Amt der Fachbeirätin für Musik von 1973-1998 inne. 1993 wurde sie zusätzlich noch zweite Schriftführerin. Als studierte und leidenschaftliche Musikerin (Klavier und Gesang an der Musikhochschule Karlsruhe) war sie oft Mitorganisatorin der GEDOK-Musikveranstaltungen und führte die Karlsruher Gruppe nach dem Tod ihrer Mutter Margarete Voigt–Schweikert (1957), damals erste Vorsitzende, kommissarisch weiter. Vehement unterstützte sie die GEDOK, u.a. auch finanziell die Veröffentlichungen der Noten und CD Aufnahmen der Kompositionen ihrer Mutter Margarete Schweikert.
Ich erinnere mich gerne an Abende mit ihr: wir verfassten Rundschreiben, kopierten Ausschreibungen (das Privileg eines Computers konnten wir damals noch nicht genießen), frankierten und tüteten Briefe ein. Christiane hat manchmal 30 kg Briefe zur Post geschleppt! Sie war ein „Gewohnheitsmensch“ – bis vor circa zehn Jahren rauchte sie genau 5 Zigaretten täglich und ab 19:00 Uhr wurde sie spürbar nervös, wenn der geliebte Rotwein noch nicht auf dem Tisch stand. Jedoch musste sie diese Angewohnheiten in den letzten Jahren auf Anraten ihres Arztes ablegen bzw. reduzieren – was sie auch tat. Jeden Morgen machte Christiane mit eiserner Disziplin ihre Gymnastikübungen, spielte täglich Klavier und fuhr bis ins hohe Alter (nicht immer ungefährlich) Auto.
Noch vor etwa neun Jahren musste ich sie abends in die kleine Kirche beim Marktplatz fahren – trotz ihres reifen Alters waren ihre Rezensionen weiterhin gefragt. Zum Leidwesen der BNN-Kulturredaktion schrieb sie diese immer noch auf ihrer alten Reiseschreibmaschine und reichte die Kritik physisch per Post ein - zur Anschaffung eines PCs war sie nicht zu bewegen.
Christiane hatte einen markanten Humor, meist sehr trocken und geradeaus!
Ihren letzten Lebensabschnitt verbrachte sie im Wohnstift Rüppurr - zunächst im betreuten Wohnen und ihre letzten eineinhalb Jahre auf der Pflegestation.
Sie wird mir auf jeden Fall fehlen – ihr Humor, ihr Fachwissen und nicht zuletzt ihre charismatische Verschrobenheit. Hoffen wir, dass es da, wo sie sich jetzt befindet, Musik, Rotwein, eine Schreibmaschine und vielleicht die eine oder andere Zigarette gibt.
Elisabeth Stephan-Geißler, stellv. Vorsitzende der GEDOK Karlsruhe, März 2024
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