Archiv 2020 – Ida Dehmel-Jahr

Zum 150. Geburtstag der jüdischen Kunstmäzenin und Frauenrechtlerin und Gründerin der GEDOK veranstalten der Bundesverband GEDOK e. V. und die GEDOK-Regionalgruppen bundesweit ein umfangreiches Programm unter dem Motto Künstlerinnen für die Zukunft.

Internationaler  Frauentag 8. März

Vortrag von Vera Morelli

08.03.2020 um 12.30

 

Im Rahmen der Finissage der Kunstwochen für Klimaschutz

 

Literatinnen im "Dritten Reich" – gegen geistige Umweltverschmutzung im Nazi-Faschismus

 

Bella Fromm
Wie viele Literatinnen dem Naziterror zum Opfer gefallen sind, ist nicht bekannt. Den meisten gelang es jedoch, rechtzeitig zu emigrieren, darunter auch der Ullstein-Kolumnistin Bella Fromm. Sie ging 1938, kurz vor der Reichsprogromnacht, in die USA und schrieb dort 1943 ihr Buch “Blood and Banquets - A Berlin Social Diary“. Das Buch war ein Bestseller, kam aber erst 50 Jahre später, 1993, im Rowohlt Verlag in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Als Hitler mir die Hand küßte“ heraus. Bella Fromm unterhielt beste Beziehungen zum diplomatischen Korps und zu ihren Kollegen von der internationalen Presse und sie kannte fast die gesamte Nazi-Prominenz persönlich, einschließlich Hitlers. 1934 erhielt sie, wie alle jüdischen Journalisten, Schreibverbot und kümmerte sich fortan um Visa und Affidavits für ihre inhaftierten und in die KZs verschleppten Glaubensgenossen. Sie blieb nach dem Krieg in Amerika, kehrte nur für kurze Besuche nach Deutschland zurück und starb 1972 in New York.

Inge Deutschkron

Ein weiteres Werk schildert, ebenso authentisch aber aus einer ganz anderen Perspektive, das Schicksal einer ganz normalen jüdischen Familie in Berlin. Es ist Inge Deutschkrons Bericht: “Ich trug den gelben Stern“, in der Fernsehadaption: “Ab heute heißt du Sara“.

Inge Deutschkron setzt in ihrem Buch den 'Stillen Helden' ein Denkmal, jenen einfachen Berlinern und Berlinerinnen, die Juden versteckten und mit Lebensmitteln versorgten. Auch sie und ihre Mutter wurden von einem Versteck zum anderen geschleust, ständig in Gefahr, denunziert und von der Gestapo entdeckt und in den Tod geschickt zu werden. Sie lebt, inzwischen 98 Jahre alt, überwiegend in Tel Aviv. Möge sie in zwei Jahren ihren 100. Geburtstag bei guter Gesundheit und im Kreise guter Freunde feiern!

Foto von Vera Morelli
Vera Morelli, Autorin zweier im Stieglitz Verlag erschienenen Bücher über große Venezianerinnen


Wer war Ida Dehmel?

Vortrag von Irmentraud Kiefer

14.01.2020 um 18 Uhr

 

Zum 150. Geburtstag von Ida Dehmel, Gründerin des Künstlerinnen-Verbandes GEDOK

 

Wer war Ida Dehmel, die Gründerin einer über die deutschen Landesgrenzen hinaus arbeitenden Gemeinschaft von Künstlerinnen? Das wollte Irmentraud Kiefer wissen, als sie in den 1980er Jahren Mitglied (Literatur) der GEDOK Karlsruhe wurde.

 

„Du bist ein Adler“, sagte der Dichter Richard Dehmel am Ende seines Lebens zu ihr, seiner langjährigen Gefährtin und Ehefrau. Ein Adler? Fotos zeigen eine Frau mit weichen Gesichtszügen und dunklen seelenvollen Augen. Aus großbürgerlichem Elternhaus stammend, wäre denkbar, dass ihr ein angenehmes Dasein bevorstünde. Sicher gab es im Leben von Ida, geb. Coblenz, aus Bingen, gute, friedliche Zeiten, aber letztlich ist festzustellen, das Leben hat sie nicht nur verwöhnt.

 

Sie war acht Jahre alt, als die Mutter starb. Im katholischen Internat wurde das jüdische Mädchen gemobbt. Erstmals zeigte sich eine psychisch bedingte Sehschwäche. Zeitlebens litt sie an dem strengen unbeugsamen Vater, der sie an den Berliner Konsul Auerbach verheiratete, „verschacherte“, wie sie es bezeichnete. Der Ehemann brachte ihre Mitgift durch, sie verlor ihr Heim am Berliner Tiergarten und ihren Salon, in dem die Intellektuellen Berlins verkehrten, fand mit ihrem kleinen Kind zunächst Unterkunft in der Familie Dehmel in Pankow. Richard Dehmel wie Ida Auerbach ließen sich scheiden, heirateten und zogen nach Hamburg, wo sie zunächst nur „die Rheinländerin“ war.

 

Doch mit der Zeit verschaffte sie sich Anerkennung durch ihr Engagement für Frauenrechte. Bald stand die Förderung von Künstlerinnen im Vordergrund. 1917 fiel Ida Dehmels einziger Sohn an der Westfront, 1920 verstarb ihr Mann Richard. Sie fand ihren Lebensinhalt darin, kunstbegabten Frauen zu helfen, einen Weg in die Öffentlichkeit zu finden. 1926 kam es im „Hamburger Hof“ zur Gründung der GEDOK, Ida Dehmel wurde zur Reichsvorsitzenden gewählt. Dieses Amt hatte sie inne, bis im April 1933 die Nazis sie zwangen, alle öffentlichen Ämter niederzulegen. Zunehmend in die Enge getrieben und an der wieder auftretenden Sehschwäche leidend, setzte Ida Dehmel im September 1942 ihrem Leben ein Ende.

 

 

Die Autorin und Journalistin Irmentraud Kiefer hat es sich in den zurückliegenden Jahren zur Aufgabe gemacht, Frauen, die durch vielfältiges Engagement in die Öffentlichkeit hineingewirkt haben, der Vergessenheit zu entreißen und ihren Lebensweg in Vorträgen nachzuzeichnen. Seit den 80er Jahren veröffentlicht Irmentraud Kiefer eigene Bücher, z.B. im Karlsruher GolubBooksVerlag den historischen Roman „Der fremde Pilgrim“ und „Verwilderte Gärten“, Gedichte, im Zeitschnur Verlag Karlsruhe.

Die Schriftstellerin lebt im Ruhestand in ihrer Geburtsstadt Pforzheim.

 

Ida Dehmel 1916, Foto: Jacob Hilsdorf
Ida Dehmel 1916, Foto: Jacob Hilsdorf

Deutschlandfunk Kalenderblatt 14.01.2020

 

Vor 150 Jahren geboren. Ida Dehmel  – Kunstförderin und Frauenrechtlerin.
Leider wird hier nicht erwähnt, dass sie auch Netzwerkerin und Mäzenin für Künstlerinnen war.

 

Ihre Nichte Marianne Gärtner kehrte 1948 aus der Emigration zurück und initiierte die Neuorganisation des GEDOK-Verbandes. 1949 gab dann Stephanie Pellissier, Musikerin, GEDOK-Vorsitzende in Heidelberg bis 1933 und Mitglied im neuen GEDOK-Vorstand, den Anstoß zur Neugründung der GEDOK Karlsruhe.


Kunst zwischen Salon und Verein – 90 Jahre GEDOK Karlsruhe

Mit Ida Dehmel als Gründerin der  GEDOK befasste sich auch ein literarisch-musikalisches Projekt im Jubiläumsjahr 2019.

 

>> Dokumentation der Veranstaltung im Archiv Konzerte 2019

 

 

mehr zur Geschichte der GEDOK Karlsruhe >> 1929 – 1949 –2019